FAQ

Kann uns die Wissenschaft helfen, unsere Kinder optimal zu erziehen?

Einerseits ja. Schließlich hat die Wissenschaft so manches Werkzeug, um zumindest groben Unfug als solchen zu erkennen. Dass Babys schreien müssten, um ihre Lungen zu stärken hat sie im Handstreich erledigt, indem sie nachwies, dass auch Kinder die wenig schreien gesunde Lungen haben. Entsorgen konnte sie auch so manche Theorie von Psychologen, die etwa behaupteten, dass die Mütter am Autismus ihrer Kinder schuld seien oder dass die Schwangerschaftsübelkeit auf eine Ablehnung des Kindes durch die Mutter hinweise.
Andererseits hat die Wissenschaft bewiesen, dass sie selbst groben Unfug produzieren kann. Für praktisch jede noch so abwegige Erziehungsmethode fanden und finden sich »Experten«, die sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse berufen. Ob das Füttern nach der Uhr, das frühe Abstillen, ja, auch das Schreien-Lassen von Babys, alles wurde auch »wissenschaftlich« begründet.

Dass die Wissenschaft oft so kläglich gescheitert ist, liegt sicher zum guten Teil daran, dass sie es mit ihren eigenen Methoden nicht so ernst nahm − also sich nicht auf überprüfbare Daten und Untersuchungen stützte, sondern auf bloße Meinungen von »Experten«. (Nach der Devise Eminenz statt Evidenz hat sie ja auch in der Medizin so manchen Schlammassel angerichtet.)

Aber es könnte auch sein, dass der Wissenschaft in Sachen Erziehung schlichtweg die geeigneten Methoden fehlen − Medikamente lassen sich nach dem Zufallsprinzip an Versuchsteilnehmern testen und die Wirkung damit objektiv vergleichen. Aber Erziehung? Man kann Eltern keinen Erziehungsstil per Los »zuweisen« und die Ergebnisse dann nach 10 oder 20 Jahren vergleichen. Denn warum die einen so erziehen und die anderen so, hat vielfältige und verständliche Gründe (hierauf geht Kapitel 15 E & A in »Kinder verstehen« ein). Jeder muss beim Erziehen sozusagen seinen eigenen Weg nach Rom finden. Selbst wenn die Wissenschaft die schnellste Autobahn beschreiben könnte − wäre es für diese Familie bei diesem Kind der richtige Weg?

Dazu kommt, dass manche Fragen so »subjektiv« sind, dass sie sich gar nicht objektiv beantworten lassen − oder würden Sie die Wissenschaft fragen, ob die Monogamie oder die Polygamie die bessere Lösung für Ihre Familie ist?

Aber immerhin, die Wissenschaft kann unser Verständnis fördern. Sie kann Eltern helfen, ihre Kinder besser zu verstehen − »Kinder verstehen« ist ein Versuch mit diesem Ziel. Es versucht die Entwicklung von Kindern zu beschreiben, die Bandbreite des »Normalen« zu skizzieren und Gründe zu nennen, warum Kinder so sind wie sie sind. Das kann Eltern eine Orientierungshilfe liefern, eine Landkarte sozusagen − den Weg muss jeder dann trotzdem selbst finden.